Caritas Dresden: Nächtliche Abschiebung einer 9-köpfigen Familie aus Pirna – trotz nachhaltiger Integration

Pressemitteilungen17. Juni 2021

In der Nacht vom 9. zum 10. Juni wurde aus Pirna die neunköpfige Familie I. (Herkunftsland Georgien) abgeschoben. Die Familie lebte seit ca. 10 Jahren in Deutschland, mehrere Kinder sind in Deutschland geboren. Sie waren Teil der Gesellschaft, in der wir alle leben und wirken.

Beide Eltern waren berufstätig, sprachen gut Deutsch, engagierten sich ehrenamtlich. Feste nachbarschaftliche Beziehungen waren aufgebaut worden. Frau I. war uns als Dolmetscherin in vielen Beratungssituationen eine große Hilfe, die Kinder waren fest in Schule und Kita eingebunden, mehrere Kinder wurden erst in Deutschland geboren und sind hier aufgewachsen. Sie waren hier verwurzelt und kennen Georgien nicht.

Aktuell lief mit Hilfe einer Rechtsanwältin ein Antrag auf Aufenthalt wegen nachhaltiger Integration gem. § 25b Aufenthaltsgesetz. Die Aussichten dafür waren gut – wenn es diese Familie nicht schafft, wer dann?

Zu unseren Aufgaben in der Flüchtlingssozialarbeit des Caritasverbandes gehört es, Migrant*innen mit unsicherem Aufenthaltsstatus, also Asylsuchende im Asylverfahren ebenso wie auch Geduldete (Ausreisepflichtige) zu beraten und Unterstützung bei Zugängen zu Gesundheit, Bildung, materieller Existenzsicherung, Arbeit, Wohnen und Mitbestimmung zu geben.

Mit Themen wie freiwillige oder zwangsweise Rückkehr ins Herkunftsland und damit einhergehenden (Existenz-) Ängsten unserer Klientinnen und Klienten sind wir vertraut. Wir wissen, dass Abschiebungen innerhalb des rechtsstaatlichen Verfahrens nicht zu vermeiden sind.

Die Abschiebung der Familie I. jedoch und insbesondere die Art und Weise des Vorgehens in diesem Fall lässt uns allerdings sprach- und fassungslos zurück.
Die geglückte Integration dieser Familie war neben den eigenen Bemühungen der Familienmitglieder auch ein Ergebnis jahrelanger engagierter und mit Steuergeldern finanzierter Sozialarbeit, deren nachweislicher Erfolg im Handstreich zunichte gemacht wurde. Dies bedeutet einen Bruch im Bildungsweg der Kinder, einen Bruch im Berufsleben der Eltern, möglicherweise bleibende Traumatisierungen. Die Familie wird ohne Perspektive in ein Land katapultiert, zu dem sie keine oder nur noch eine rudimentäre Beziehung hat.

Die Abschiebung einer Familie mitten in der Nacht ist aus unserer Sicht besonders mit Blick auf das Kindeswohl rechtlich höchst fragwürdig – und menschlich und moralisch absolut abzulehnen.

Wir fordern von den Entscheidungsträgern in Politik und Verwaltung, dass das Ergebnis rechtsstaatlicher Verfahren abgewartet wird und nicht schon vorneweg vollendete Tatsachen geschaffen werden.
Wir fordern, dass bei jeglichen Handlungen gegenüber Migrantenfamilien das Kindeswohl genauso beachtet wird, wie bei anderen Familien.


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